Einst war er ein Wacholderschnaps namens Genever – erfunden im 17. Jahrhundert vom deutsch-holländischen Arzt Franciscus Sylvius. Die einstige Medizin, welche bei Magenbeschwerden und Sodbrennen helfen sollte, bestand aus Wacholderbeeren, destilliertem Alkohol aus Getreide und einigen Kräutern. König Wilhelm III. brachte den Wacholderschnaps nach England, wo dieser schnell an Beliebtheit gewann. Der Genever erhielt einen kürzeren und für die Engländer einfacher auszusprechenden Namen: Gin. Bis heute ist Gin eine beliebte Spirituose, die besonders gerne mit Tonic Watergemixt wird. Aber auch als Hauptbestandteil so mancher Cocktails ist Gin nicht mehr wegzudenken. Klassischerweise wird die Spirituose bis heute aus Getreide gewonnen – also einem sehr kohlenhydrathaltigen Ausgangsstoff. Ein junges Start-Up Unternehmen aus der Vulkaneifel hat jedoch einen völlig anderen Weg beschritten. Sie stellen die Spirituose aus einem ganz anderen Ausgangsstoff her: Der Kartoffel.

Inspiriert durch Friedrich den Großen

Friedrich der Große (Friedrich II. / der „Alte Fritz“), König von Preußen, setzte sich bereits im 18.Jahrhundert für den Anbau der „Tartoffel“ (einstiger Name der Kartoffel) ein. Das Knollengewächs, welches seinen Ursprung in Südamerika hat, wurde einst von spanischen Konquistadoren nach Europa importiert. Hauptsächlich wegen der schönen Blüte der Pflanzen, wurde die Kartoffel auch hierzulande angebaut. Den eigentlichen Nutzen, nämlich als Speise, erkannte man jedoch erst viel später. Friedrich II. war von dem Nutzen der Knolle überzeugt. Er erkannte das Potential, das im Erdapfel steckte und war sich sicher, dass diese Knolle große Hungersnöte bekämpfen konnte; war sie doch einfach anzubauen, robust und gut verträglich. Doch weder die Bauern verstanden seine „Pflanzanweisungen“, noch die Bevölkerung seine Zubereitungshinweise. So erließ der „Alte Fritz“ ein Dekret, den sogenannten Kartoffelbefehl, um den Anbau der Knolle in Preußen voranzutreiben. Anfangs gelang dies nur sehr mühselig, doch im Laufe der Zeit setzte sich der Erdapfel immer weiter durch. Bis heute ist die Kartoffel die Beilage Nummer 1 auf deutschen Tellern. Doch sie eignet sich nicht nur zum Verzehr. Aufgrund des hohen Stärkeanteils kann aus ihr sogar ein Destillat gewonnen werden. Genau dies haben sich drei Jungunternehmer zunutze gemacht. ​

Kartoffel zu GinFrisch vom Feld in die Destille - Hauptbestandteil des "Windspiel"-Gins ist die Kartoffel.
(Foto: Windspiel Manufaktur GmbH)

Aus der Kartoffel wird Gin

Die Gin-Manufaktur „Windspiel“ hat sich auf die Produktion von Gin aus Erdäpfeln spezialisiert. Das Unternehmertrio vertreibt die selbsthergestellte Spirituose unter dem Eigennamen „Windspiel“. Auf der eigenen Webseite stellen die „von Windspiels“ ihre Geschichte sehr umfangreich und bisweilen auch unterhaltsam dar. Doch hinter dem Namen steckt kein Adelshaus – die Titel sind ein reiner Marketinggag. Auch die Darstellung der „von Windspiels“ (Sandra Wimmeler, Denis Lönnendonker und Tobias Schwoll) kommt mitunter etwas amüsant daher. Doch genau dies mach das Start-Up Unternehmen auch aus. Der Markenname stammt übrigens im Ursprung von der italienischen Windhunderasse „Windspiel“ab, die es auch schon Friedrich II. angetan hatte. Auf zahlreichen Darstellungen konnte man den Preußenkönig mit seinen Windhunden sehen. So ist es kein Wunder, dass das Trio hier eine perfekte Allegorie zu ihrem Produkt gefunden hatte. Daher ziert nicht nur der einschlägige Markenname das Etikett der Flaschen, sondern auch die Silhouette eines Windhundes.  

Die Herstellung des Kartoffel-Gins

Die eigens angebauten Kartoffeln werden umfangreich gewaschen und von überschüssigem Erdreich gesäubert. Anschließend werden die Kartoffeln sehr fein gemahlen, denn nur so kann aus ihnen ausreichend Alkohol gewonnen werden. Anschließend wird Wasser hinzugesetzt, sodass ein zäher Brei entsteht - die Maische. Diese wird anschließend erhitzt, damit potenzielle Keime abgetötet werden und sich die Stärke in Zucker umwandeln kann. Durch den Zusatz von Hefe beginnt schließlich der Gärprozess und somit die Umwandlung in Kartoffelalkohol. Dieser wird abschließend zweimalig destilliert, bis der fertige „Brand“ entsteht. Dadurch schmeckt der Alkohol, laut den Unternehmern, fein mild mit einer leichten charakteristischen Kartoffelnote.

Windspiel GinGin aus Kartoffeln - "Windspiel" macht es möglich. Dazu liefert das Unternehmen gleich das passende Tonic Water.
(Foto: Windspiel Manufaktur GmbH)

Die Veredelung

Dem fertigen Destillat wird abschließend seine charakteristische Note verliehen. Hierfür werden dem kartoffelhaltigen Rohalkohol bestimmte, in Alkohol eingelegte Gewürze beigemengt. Neben Wacholderbeeren, Zitronenschalen, Lavendelblüten und Ingwer werden noch acht weitere Zutaten mit dem Kartoffelalkohol „verheiratet“. Denn die „Hochzeit“, also die Vermischung der einzelnen Komponenten, stellt den krönenden Abschluss bei dem Herstellungsprozess dar. Das Zitronenaroma sticht bei einigen Produkten des Eifeler Gins besonders gut hervor. Daher eignet sich auch nicht jedes Tonic Water für den Genuss der extravaganten Spirituose. Das Unternehmertrio hat aber auch diese Problematik erkannt und bietet deshalb ein eigens abgestimmtes Tonic Water gleich mit an. Eines ist jedenfalls sicher: "Windspiel" hätte schon dem Alten Fritz geschmeckt...